Becker, Peter (1981): Aufbau und Inbetriebnahme einer Apparatur zur Pulsradiolyse wässriger Lösungen. Diplomarbeit, unveröffentlicht, Hamburg.
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Zusammenfassung:
In der vorliegenden Arbeit wurde der Aufbau einer Pulsradiolyse – Apparatur beschrieben. Damit können schnelle Reaktionen kurzlebiger Zwischenprodukte der Radiolyse in wässriger Lösung absorptionsspektroskopisch verfolgt werden. Ausgegangen wurde von zwei vorhandenen Febetron 706 – Beschleunigern, von denen jeder einen intensiven, 3 ns dauernden Elektronenpuls abstrahlt. Die Reichweite der Elektronen in Wasser ist geringer als 2 mm, ihre äquivalente Energie 600 keV. Die durch die kurze Reichweite und die inhomogene Dosisverteilung für die Strahlführung des Analysenlichts und die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse aufgeworfenen Probleme wurden durch die Konstruktion einer Zelle gelöst, die von zwei gegenüberliegenden Seiten gleichzeitig bestrahlt wird. Diese ist aus eloxiertem Aluminium angefertigt worden, da der Bau einer Glaszelle mit den erforderlichen Elektroneneintrittsfenstern aus Aluminiumfolie schwieriger und kostspieliger gewesen wäre. Die Zelle wurde außerdem mit zwei BNC-Buchsen und einer zusätzlichen Bohrung versehen, die einen einfachen nachträglichen Einbau eines Drei-Elektroden-Systems zur elektrochemischen Detektion gestatten. Die Verwendung von Aluminium als Zellenmaterial sowie die gleichzeitige Bestrahlung von zwei Seiten sind ein neuartiger Weg zur Erzeugung der Radiolyseprodukte. Daher wurde die Apparatur zunächst mit möglichst geringem Kostenaufwand vervollständigt und anschließend getestet. Dabei kamen eine bereits vorhandene Xenonlampe, ein Fotomultiplier und ein Oszilloskop zur Anwendung. Durch die Xenonlampe und den Fotomultiplier war ein Wellenlängenbereich von 300 bis 700 nm vorgegeben. Für diesen wurden dann ein Gitter-Doppelmonochromator sowie die für die Strahlführung des Lichts erforderlichen Spiegel und Linsen angeschafft. Der Spannungsteiler des vordem als Szintillationszähler benutzten Fotomultipliers wurde entsprechend der Lichtstärke, dem Anodenstrom und der erforderlichen Stabilität neu dimensioniert. Zur verlustfreien Einkopplung des Anodensignals in das Übertragungskabel wurde ein einfacher Impedanzwandler mit einem schnellen Operationsverstärker sowie die dazugehörige Spannnungsversorgung gebaut. Das Koaxialkabel führte das Signal aus dem Experimentierraum heraus und dem im Nebenraum aufgestellten Oszilloskop zu. Von dort aus wurden auch die Pulser sowie ein Verschluss zwischen Lampe und Zelle fernbedient. Das Signal-Rausch-Verhältnis konnte durch Versorgung der Lampe mit Gleichstrom aus Akkumulatoren, durch ein zusätzliches Siebglied in der Hochspannungsversorgung des Fotomultipliers, durch Verwendung eines Doppelmonochromators mit sehr geringem Streulichtanteil und durch Einengung der Bandbreite des Oszilloskop-Eingangsverstärkers optimiert werden. Ein Lösungstransportsystem zum bequemen und verunreinigungsgeschützten Füllen der Zelle, bestehend aus Vorratsbehälter und Auffanggefäß nebst Anschlüssen für die Entgasung mittels Helium oder Argon, vervollständigte die Anlage. Mit der aufgebauten Apparatur können Radikale mit Absorption im Wellenlängenbereich von 340 bis 680 nm untersucht werden. Zwischen Lichtstrom und Anodenstrom besteht eine lineare Beziehung. Bei 360 nm betragen die maximale Spannung am Anodenwiderstand 4,9 V und das Rauschen 5 mVss. Die maximale Zeitauflösung ist durch die Anstiegsrate des Impedanzwandlers von 80 ns V-1 bestimmt. Die Funktionstüchtigkeit der Gesamtanlage wurde durch ein Experiment zum Zerfall des Radikals Br2• festgestellt. Für diesen wurde aus dem Verlauf der gemessenen Extinktionsänderung eine Geschwindigkeitskonstante ermittelt, deren Wert mit einer Abweichung von 33 % gegenüber dem Literaturwert noch tolerabel ist. Somit haben sich die Anordnung der Pulser und die neuartige Reaktionszelle als gangbarer Weg erwiesen. Die Vermeidung bzw. Beseitigung verschiedener Störungen wurde sehr sorgfältig ausgeführt. Die Pulser erhielten eine eigene Erdleitung, über die auch die Zelle geerdet wurde. Hierbei war das Zellenmaterial Aluminium von Vorteil. Masseschleifen wurden sowohl bei den Pulsern als auch beim Detektionssystem ausgeschlossen. Der Fotomultiplier wurde zusammen mit dem Impedanzwandler in einem geerdeten Sondengehäuse untergebracht und mit einer zusätzlichen Abschirmung gegen Einstreuung elektromagnetischer Wellen versehen. Zur Signalübertragung wurde ein doppelt abgeschirmtes Koaxialkabel verwendet. Eine Bleihülse von 5 mm um das Fotomultipliergehäuse sowie eine zwischen Monochromator plus Fotomultiplier und Pulsern aufgestellte Wand aus 5 cm starken Bleiziegeln schützte das Detektionssystem vor Röntgenstrahlung. Wie auch anderen Benutzern eines Febetrons gelang weder die Beseitigung noch die Erkenntnis der Ursache einer beim Puls auftretenden Störung, die das Messsignal etwa 8 μs lang zum Verschwinden brachte. Auf weitere Untersuchungen dazu sollte zunächst der Schwerpunkt einer zukünftigen Arbeit mit der Apparatur gelegt werden, da ohne die Kenntnis des Extinktionsverlaufs direkt nach dem Puls eindeutige Aussagen über die untersuchten Reaktionen erschwert sind. Außerdem ist die in der Erweiterung der Anlage vorgesehene elektrochemische Detektion möglicherweise in Frage gestellt, da die Auswirkungen dieser Störung auf die dann im Reaktionsraum befindlichen Elektroden wahrscheinlich noch größer ist. Nach Ausschaltung der Störungsursache kann versucht werden, die Bandbreite des Signalverarbeitungssystems zu erhöhen, um die aufgrund der kurzen Elektronenpulse mögliche Zeitauflösung im Nanosekundenbereich zu erreichen. Auch eine Erweiterung des Wellenlängenbereichs im UV ist denkbar und sinnvoll, wenngleich hierzu alle optischen Bauteile ausgewechselt werden müssten. Vorrangig vor diesen Erweiterungen erscheint jedoch der Anschluss eines schnellen Signalverarbeitungssystems, bestehend aus Transientenrekorder und Kleincomputer. Auf diese Weise wird eine genauere und vor allem schnellere Auswertung der Messungen erreicht. Mit dem Kleincomputer ist ebenfalls eine Steuerung und Teilautomatisierung der Experimente möglich.